BZ-Kolumne

„Im Westen nichts Neues“

Heute vor 90 Jahren erschien Erich-Maria Remarques Abrechnung mit dem Ersten Weltkrieg. Darin beschreibt er eine Schulklasse, die sich – verführt von ihren kriegsbegeisterten Lehrern – freiwillig zum Kriegsdienst an die Westfront meldet. Dort lernen die fehlgeleiteten Schüler, auf Menschen zu schießen, ums nackte Überleben zu kämpfen und die ganze Unsinnigkeit und Hässlichkeit des Krieges.

Wer dieses Buch liest oder den darauf basierenden Film sieht, würde niemals mehr in einen Krieg ziehen wollen. Darum überrascht es wenig, dass der spätere Propagandaminister Joseph Goebbels mit Straßenterror versuchte, die Aufführung des Films zu verhindern. Als Stimmungsmacher für den Krieg half er entscheidend dabei mit, Deutschland und die Welt in einen zweiten großen Krieg zu führen.
Krieg kommt also nicht von ungefähr. Er wird vorbereitet von Stimmungsmachern, die Mitmenschen dämonisieren, die aus Schwestern und Brüdern Gegner und Feinde mache. Eben dagegen wandte sich damals der Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg, der sich vehement für die Aufführung des Films einsetze und so auch zum Stimmungsmacher für Mitmenschlichkeit und Frieden geworden ist.

Das, was „Im Westen nichts Neues“ beschreibt, ist nach wie vor aktuell. Noch heute werden nicht nur in Afrika Kinder gewaltsam zu Soldaten gemacht, rekrutiert der sogenannte „islamische Staat“ Soldaten und Selbstmordattentäter für ein vermeintlich höheres Ziel. In Wahrheit ist Krieg immer schon Kapitulation der Menschlichkeit. Umso mehr brauchen wir Stimmungsmacher für den Frieden – Stimmungsmacher wie Erich-Maria Remarque oder Bernhard Lichtenberg; denn in unserer Welt geht es ja nicht darum, Vorurteile zu schüren und Mauern zu errichten, sondern Brücken zu bauen, die Menschen zusammenbringen. Das wäre gerade in unserer Zeit einmal etwas Neues – im Westen wie im Osten.