BZ-Kolumne

Nicht nebeneinander, sondern miteinander leben

Drei Menschen stehen vor einem Lattenzaun. Durch drei unterschiedliche Zaunlöcher sollen sie auf eine Katze schauen, um deren Aussehen zu beschreiben. Da der eine aber nur den Kopf, der Andere nur den Schwanz und der Dritte nur den Rücken der Katze sehen kann, kommen alle drei zu einem anderen Ergebnis. Trotzdem beharren sie auf ihrer Ansicht: eine Katze sieht so aus, wie ich sie durch mein kleines Zaunloch wahrgenommen habe. Und irgendwie hat jeder von ihnen sogar Recht – zumindest aus seiner Perspektive. Aber nur das Ganze ist eben das Wahre.

Ein bekannter Philosoph hat diese Geschichte einmal zum Nachdenken aufgeschrieben. Und sie erinnert mich ein wenig an die Diskussion, die gerade so heftig auch in unserer Stadt geführt wird. Von verschiedenen Standpunkten und aus unterschiedlichen Blickwinkeln wird der Zeit um die sogenannte Integration gestritten, und jeder der Beteiligten beharrt auf seiner ausschnitthaften Ansicht; denn für Integration lassen sich bekanntlich gelungene, wie misslungene Beispiele finden. Insofern hat auch hier jeder irgendwie Recht. Darum wäre es fatal und gefährlich, die andere Sichtweise und Meinung einfach als abwegig abzutun. Allerdings muss diese in einer Weise geäußert werden, die eben nicht pauschal und verletzend daherkommt. Zuviel hängt daran für das Zusammenleben der Menschen in unserem Land und in unserer Stadt. Deshalb geht es jetzt darum, den eigenen Blickwinkel zu weiten: menschliche Ansichten sind ja keine göttliche Offenbarung. Und es geht darum, endlich die Probleme anzupacken, über die man bisher hauptsächlich geredet hat. Das aber funktioniert nur, wenn alle dazu einen Beitrag leisten, wenn man einander respektiert und gemeinsam handelt.
Die befürchtete Parallelgesellschaft jedenfalls sind wir selbst, wenn wir mehr nebeneinander als miteinander leben.

In diesem Sinne haben die kath. und ev. Bischöfe z.B. allen Muslimen zum Fastenbrechen gratuliert. Und in diesem Sinn wünsche ich den jüdischen Mitbürgern zum Neujahrsfest Rosh Hashanah Gottes Segen.