BZ-Kolumne

Not sehen und handeln

Fast zwei Jahre waren keine Ausflüge, Fahrten, nicht einmal ein richtiger Wandertag möglich. Jetzt endlich – „vom Eise befreit“ – sollte es wieder möglich sein. Für viele Erst- und Zweitklässler ist es überhaupt die erste Gelegenheit, so etwas wie Klassengemeinschaft mal ein wenig länger als nur in der großen Pause oder im Schul-Gottesdienst zu erfahren.

Viele Klassen unserer katholischen Schulen hatten bereits gebucht, und zwar im Christian-Schreiber-Haus. Nach dem ersten Berliner Bischof aus den 1930er Jahren heißt unser Jugendhaus vor den Toren der Stadt in Alt-Buchhorst bei Grünheide.

Idyllisch am See gelegen, Identifikationspunkt für Generationen von Jugendlichen und Familien, geriet das Haus plötzlich in den Fokus des Weltgeschehens:
Auf verschlungenen Wegen erreichte uns ein Hilferuf eines Waisenhauses in der Ukraine mit der Bitte die Kinder dort unterbringen zu können.

Die Zusage, das Jugendhaus für die Kinder zur Verfügung zu stellen, fiel uns nicht schwer, „Not sehen und handeln“, lautet das Motto unserer Caritas.
Nicht bedacht aber hatten wir, wie schwer es werden würde, die Kinder samt Betreuerinnen über die verschiedenen Grenzen zu uns zu bringen. Es vergingen bange Wochen des Hoffens und Wartens. Mittlerweile sind rund 40 Kinder angekommen, sie sind gut betreut und fangen an sich zu erholen von Strapazen und Schrecken.

Aus dem Blick geraten waren darüber auch beinahe „unsere“ Kinder. Es besteht nach wie vor die Hoffnung, dass Beides möglich sein wird: dass noch ausreichend Platz für Schulklassen und andere Gruppen vorhanden ist und dass die – vermutlich verängstigten und traumatisierten Kinder aus der Ukraine ein wenig Normalität erleben können, eine Normalität, nach denen sich die Kinder hier – und ihre Lehrkräfte auch sehnen.