BZ-Kolumne

„Ökumene der Märtyrer“

An einer Erinnerung kommt man heute nicht vorbei: Am 20. Juli 1944 scheiterten das Attentat auf Adolf Hitler und die damit verbundenen Pläne, die nationalsozialistische Herrschaft zu beenden. Eine Gruppe um Claus Schenk Graf von Stauffenberg hatte bereits konkrete Pläne, die Regierung zu übernehmen und Friedensverhandlungen zu beginnen.

In der Vorbereitung wurde die Frage, ob man Hitler töten dürfe, um größeres Unrecht und Leid zu vermeiden, äußerst kontrovers diskutiert. Insbesondere der überzeugte evangelische Christ Helmuth James Graf von Moltke äußerte Vorbehalte. Der von ihm gegründete Kreisauer Kreis hatte sich konkrete Gedanken gemacht, wie eine politisch-gesellschaftliche Neuordnung nach dem angenommenen Zusammenbruch der Hitler-Diktatur aussehen könnte. Im Zusammenhang mit der Ermordung und Hinrichtung der am Attentat Beteiligten wurde der Kreisauer Kreis aufgedeckt und auch Moltke hingerichtet. Für ihn und den Jesuiten-Pater Alfred Delp gibt es ein Grab in der Gedenkkirche der Deutschen Katholiken für die Opfer des Nationalsozialismus Maria Regina Martyrum. Papst Johannes Paul II. nannte die Zusammenarbeit von Moltke und Delp und ihren Widerstand gegen den Nationalsozialismus die „Ökumene der Märtyrer“. In ihrem Aufstand und Widerspruch gegen Unrecht und Terror spielten konfessionelle Grenzen keine Rolle. Für eine „Ökumene der Märtyrer“ plädiere ich auch heute 79 Jahre nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler: wenn es darum geht, Unrecht zu benennen und für die Gerechtigkeit aufzustehen, dürfen ideologische, konfessionelle oder parteipolitische Überlegungen keine Rolle spielen.

Ob auch ich bereit gewesen wäre, den Widerstand gegen den Nationalsozialismus mit meinem Leben zu bezeugen, weiß ich nicht. Nichts desto trotz bewundere ich die Konsequenz, mit der Moltke und Delp, aber auch viele andere, ihren Überzeugungen in Verhören und Schauprozessen treu geblieben sind. Die Erinnerung an sie ist auch Anlass heute Verbündete gegen das Unrecht zu suchen.