BZ-Kolumne

Recht auf Nichtwissen

Eins vorweg: Nein, ich weiß nicht, was es an Sorgen und Ängsten bedeutet, an Stigmatisierung und Vorurteilen, an schlaflosen Nächten und Stunden im Wartezimmer des Kinderarztes, wenn man ein Kind zur Welt bringt, sei es mit oder ohne Behinderung.

Ich habe aber oft erleben dürfen, wie viel Glück und Bereicherung ein Kind bedeutet, und wie erleichtert Eltern sind, wenn man sie nicht bemitleidet für irgendwelche Behinderungen ihres Kindes, sondern sich mit ihnen freut, dass es gut geht.

„Wir brauchen ein Recht auf Nichtwissen“, sagt die Bundestags-Abgeordnete Dagmar Schmidt und stellt uns ihren fünfjährigen Sohn Carl vor. Sie debattiert heute im Bundestag über vorgeburtliche Gentests und die Frage, ob die Kosten dafür von den Krankenkassen übernommen werden. Sie diskutiert aus einer besonderen Perspektive, denn Carl hat Trisomie 21. Und sie weiß: Viele Eltern entscheiden sich für eine Abtreibung, wenn Sie durch den Test wissen, das ihr Kind behindert ist. Das meint sie mit „Recht auf Nichtwissen“.

Es geht in der Debatte um mehr als um eine Leistung der Krankenkasse. Es geht darum, welche Entscheidungen mit all dem, was wir wissen können, getroffen werden. Ja zum Kind zu sagen, ist immer eine mutige Entscheidung. Von der Schwangerschaft über die ersten Zähne, Fahrradfahren, bis zu Einschulung, Pubertät und Liebeskummer gibt es unzählige spannende und riskante Situationen. Bei einem Kind mit Behinderung ist es möglicherweise komplizierter oder braucht mehr Geduld, manches werden sie gar nicht erleben können. Aber eine Garantie auf ein Leben ohne Behinderungen oder Einschränkungen gibt es nicht. Gleichzeitig weiß ich von Familien, welches Glück und welche Bereicherung ein Kind mit Down Syndrom ist. Sie wollen keine Tests und kein Mitleid, was sie brauchen, sind Verbesserungen der Rahmenbedingungen und die Gewissheit, dass ihre Kinder uns willkommen sind, dass sie eine Bereicherung für unsere Gesellschaft bedeuten.