BZ-Kolumne

Schuld und Vergebung

Die Bilder der Überwachungskamera haben auch mich schockiert: ein junger Mann tritt ohne erkennbaren Grund auf einen am Boden liegenden, offensichtlich Gleichaltrigen ein. Auch ich kann mich diesen Bildern nicht entziehen: Wie konnte so etwas geschehen? Warum dieser Gewaltausbruch?

Seit dieser Woche steht der junge Mann vor Gericht. Ich erhoffe mir von dort Antworten auf meine Fragen, nur dann kann ich zu einem Urteil kommen.

Auch für mich als Christ ist zuallererst wichtig und entscheidend, dass der Beschuldigte Verantwortung für diese brutale Tat und ihre schrecklichen Folgen übernimmt, und dass er erkennbar seine Tat bereut. Das gehört auch zu dem entscheidend dazu, was wir kirchliche Buße nennen.

Aber wenn ich von Buße rede, dann muss ich – auch in diesem Fall – über Umkehr, Vergebung und Versöhnung reden. Wir beten im Vater Unser „vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“. Wenn das Opfer und seine Familie noch nicht zu dieser Vergebung bereit sind, habe ich dafür volles Verständnis. Aber wir sind verpflichtet uns damit auseinanderzusetzen, wie wir selbst noch in einem solch schweren Fall vergeben können. Dazu gehört auf Seiten des Beschuldigten Reue, Einsicht in die Tat und erkennbare Buße, und natürlich ein Urteil und eine Bestrafung, ich will keiner falschen Milde das Wort reden! Dazu gehört aber auch aus christlicher Sicht die Bereitschaft, den Beschuldigten nicht ein Leben lang fallen zu lassen. Denn von Jesus Christus ist uns der Satz aufgegeben, den wir bei aller berechtigter Empörung nicht vergessen dürfen: „Ich bin gekommen, um die Sünder zur Umkehr zu rufen, nicht die Gerechten“!