BZ-Kolumne

Ver-rückt?

Im Berliner Zoo lagen mehr Blumen für Eisbär Knut als vor der Japanischen Botschaft in Tiergarten für die Opfer des Erdbebens und der Kernschmelze. Kerzen wurden für das tote Tier entzündet, Knut-Fans schrieben sich in Gedenkbücher ein, schalteten eine Todesanzeige in einer Tageszeitung - alles, wie für einen geliebten Angehörigen. Und noch immer trauern Menschen, und sie streiten um das Fell des Bären: soll es ausgestopft werden, soll Knut beerdigt werden, möglichst neben seinem verstorbenen Pfleger?

Der als Jungtier so kuschelige „Teddy“ mit den großen Knopfaugen hat die Herzen der Menschen bewegt: von der Mutter verstoßen, vom „Ziehvater“ mit der Flasche aufgepäppelt stirbt er urplötzlich und vor aller Augen. Und so suchte die Trauer seiner Fans nach Formen und Räumen. Dagegen ist zunächst nichts zu sagen. Als großer Tierfreund  wünschte ich mir solche Anteilnahme auch in Bezug auf die Schlachthöfe.  
Und trotzdem: In Japan sind mehr als 20.000 Menschen in Folge der Naturkatastrophe gestorben. Täglich verhungern in unserer Welt Kinder. Menschen werden Opfer von Krankheiten oder Gewalt. Und in Berlin wird um einen Eisbären geweint: Sind möglicherweise unsere Ansichten ver-rückt. Oder haben wir gar den Maßstab für das Leben verloren?

Natürlich spricht nichts dagegen, einen Eisbären gern zu haben. Wenn ein Tier jedoch wie ein eigenes Kind betrachtet wird, dann werden Grenzen überschritten; denn eine Vermenschlichung des Tieres ist wohl kaum im Sinne des Schöpfers. Nachzulesen im ersten Buch der Bibel: Danach ist der Menschen allein Gottes Ebenbild. Ihm ist auch die Sorge für das Tier anvertraut. Dabei aber darf er dessen Vergänglichkeit nicht übersehen. Auch in Knuts kurzer „Star-Karriere“ nahm das normale Leben und Vergehen eines Geschöpfes seinen Lauf, das eben kein Mensch ist. Nicht mehr und nicht weniger.