BZ-Kolumne

Verantwortlich und bewusst mit dem uns hinterlassenen „Erbe“ umgehen

Beim Humboldt-Forum beobachte ich, wie schnell ich mich an das Neue gewöhne, mehr noch: wie schnell das, was nicht mehr sichtbar ist, droht in Vergessenheit zu geraten. Letzte Baustellenzäune sind noch nicht weggeräumt, und schon verändert sich nachhaltig das Bild von der Mitte Berlins. Manche Stahl- bzw. Stahlbetonkonstruktion erinnert daran, dass das, was hier steht, sich einem doppelten Abriss verdankt: zunächst des Stadtschlosses und danach des Palasts der Republik.

Wenn jetzt das prächtige sog. „Luf-Boot“ – ein Hochsee-Segelboot aus dem Jahr 1895 von der Insel Luf – im Humboldt Forum ausgestellt wird, dann ist die Absicht, dieses einzigartige, technisch und ästhetisch herausragende Exponat vom Rand der Wahrnehmung in die Mitte zu rücken. Vieles, was im Ethnologischen Museum in Dahlem ausgestellt wurde, wurde dort kaum wahrgenommen.

Gleichzeitig wird es unverzichtbar sein, zu erklären, warum überhaupt ein Boot von einer kleinen Insel, die zu Papua-Neuguinea gehört, den Weg nach Berlin gefunden hat. Das erscheint mir sehr dringend, bevor man sich daran gewöhnt und es uns auch wieder ganz selbstverständlich vorkommt.
Denn auch wenn man uns – zunächst in Dahlem, jetzt in Mitte – in bester ethnologischer Absicht fremde Länder und Kulturen nahebringen will, das Luf-Boot kam im Kontext einer kolonialen Strafexpedition nach Deutschland.

Wer das Humboldt-Forum besucht, kann – schon gar nicht für sich allein – das wieder gutmachen oder gar das Boot zurückbringen. Aber wir können uns die Geschichte der Exponate bewusst machen und wenigstens von den fremden Kulturen lernen, für die diese Exponate stehen. Ja, wir müssen verantwortlich und bewusst mit dem uns hinterlassenen „Erbe“ umgehen und neben den Exponaten auch ihre Geschichte ernst nehmen – und die Menschen, die Teil dieser Geschichte waren oder sind.