BZ-Kolumne

Wie Rosinen in einem Kuchenteig

Vor einer Woche konnten wir zum ersten Mal wieder groß auf dem Bebelplatz Gottesdienst feiern, Gott sei Dank! Mehrere Tausend Menschen sind gekommen, um gemeinsam Fronleichnam zu feiern und in einer Prozession gemeinsam unseren Glauben zu bekennen. In diesem Jahr war das nach zweijähriger Unterbrechung etwas ganz besonderes. Denn wir haben Steine gesammelt, um daraus den neuen Altar der Sankt Hedwigs-Kathedrale herzustellen.

Er wird der künftige Mittelpunkt unserer Bischofskirche sein, um den sich die Gläubigen zur Feier des Gottesdienstes versammeln können.

Wir haben alle eingeladen, sich mit einem Stein an dem neuen Altar zu beteiligen. Und viele sind auf den Bebelplatz gekommen und haben mit ihrem Stein in gewisser Weise sich selbst mitgebracht:
Ein Flüchtling aus dem Irak fühlt sich angekommen und angenommen, wenn er weiß, dass auch sein Stein, der ihn auf der Flucht begleitet hat, in das große Ganze eingeht. Eine Frau hat uns ihren Glücksstein gebracht, ein Paar einen Stein aus seiner zweiten Heimat in Portugal. Es gibt einen Stein aus dem Wiener Stephansdom, einen von der Berliner Mauer, einen vom Kölner Dom. Eine ältere Dame hat uns ihr Hochzeitsgeschenk übergeben in Erinnerung an ihren verstorbenen Mann, eine Großmutter will mit ihrem Stein an das kurz vor der Geburt verstorbene Enkelkind erinnern.

Sie alle wissen, dass man vermutlich am Ende nichts mehr von ihrem Stein sehen wird, denn für den Altar werden die Steine mit einer Art Kunststein vermengt und in eine Form gegossen. Man kann es vergleichen mit den Rosinen in einem Kuchenteig: die wenigsten schaffen es bis ganz nach außen, andere werden tief im Kuchen – also im Altar – für immer verborgen sein. Wenn wir uns künftig um den Altar versammeln, das Brot brechen und teilen, sind all die, die ihre Steine gespendet haben, mitten unter uns, ganz so wie Christus selbst.

Weitere Informationen:

https://www.hedwigs-kathedrale.de/lebendige-steine