Wort zum Sonntag, 2. Advent

Johannes der Täufer 

Einen mächtigen Eindruck muss er hinterlassen haben. Denn in Scharen kamen sie zu ihm, aus Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend. Was war an Johannes so anziehend?

Schon sein äußeres Erscheinungsbild war irgendwie überzeugend: einfache Kleidung, einfache Ernährung. Und genauso überzeugend war auch seine Predigt: klar und eindeutig.

Was hat Johannes eigentlich so tolles gesagt, dass die Leute in so großer Zahl zu ihm kamen? Seine Predigt war kurz (das scheinen die Leute ja zu lieben – damals wie heute). Allerdings können kurze Predigten einem auch auf den Wecker gehen, wenn sie inhaltsleer bleiben.

Ein spannendes Drama

Doch Johannes hatte etwas zu sagen. Die Bibel drückt es mit einem Satz aus: „Er (gemeint ist Jesus) muss wachsen, und ich muss kleiner werden.“ 

Seine eindrucksvollste Predigt ist im Markusevangelium zu lesen. Da steht Johannes vor dem mächtigsten Mann im Land, dem Fürsten Herodes. Herodes wollte die Frau seines Bruders heiraten. Doch Johannes hatte den Mut, ihm offen ins Gesicht zu sagen, dass er damit Unrecht tut. Ein spannendes Drama: zwei Männer stehen sich gegenüber. Herodes verfügt über eine enorme Macht, mit der er Johannes sogar töten lassen konnte. Auf der anderen Seite steht Johannes, einfach und schlicht wie immer. Und doch hat Johannes eine Souveränität, mit der er sagt, was er denkt, und die ich nur bewundern kann.

Wer ist der größere von beiden? Oder fragen Sie lieber anders: Wer scheint der gelassenere, der glücklichere von beiden?

Vor allem aber frage ich mich: Woher hat Johannes seine Gelassenheit, seine enorme Freiheit. „Er muss wachsen, ich muss abnehmen!“ Johannes hat Gott Raum gegeben in seinem Leben. Und anscheinend muss er die Erfahrung gemacht haben, dass dieser Gott ihn nicht einengt, sondern seinem Leben eine enorme Freiheit gibt.

Gott Raum geben in meinem Leben - ist das Advent? 

Ihr Stefan Dybowski

Bischofsvikar