Grußwort von Erzbischof Dr. Heiner Koch zum „Marsch für das Leben“am 16. September 2017 in Berlin

Auch wenn ich am „Marsch für das Leben“ nicht teilnehmen kann – wir feiern den Ökumenischen Kirchentag in Vorpommern – grüße ich Sie auf diesem Wege herzlich.

Auch in diesem Jahr treffen Sie sich in Berlin, um die Stimme zu erheben für das Recht aller Menschen zu leben und ihr Leben zu entfalten, das Recht der ungeborenen Menschen, der schwachen und heimatlosen, der verfolgten und der Flüchtenden und schließlich der sterbenden Menschen. Ich danke ausdrücklich all denen, die sich für die Würde und die Unantastbarkeit des Lebens des Menschen auch im Sterben in den gesetzlichen Regelungen der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt haben und einsetzen. Der Einsatz für das Lebensrecht des Menschen in all seinen Entwicklungsphasen ist ein wahrhaft demokratisches Anliegen.

Die Fragen, die Sie mit dem „Marsch für das Leben“ stellen, stelle ich mir selbst in gleicher Weise, und ich stelle sie in vielen Gesprächen, die ich führe:

  • Warum setzen wir menschlichem Leben eine Grenze? Warum gilt der Lebensschutz für die Ungeborenen nicht uneingeschränkt?
  • Warum wird behindertes Leben im Mutterschoß weniger geschützt als nicht behindertes Leben?
  • Warum ist der Schutz von Artenvielfalt, sauberer Luft oder Lebensbedingungen oft strenger und konsequenter juristisch aufgestellt als der Schutz des ungeborenen menschlichen Lebens?

Das menschliche Leben ist vielfach gefährdet und schutzbedürftig. Es wird bedroht durch Umweltverschmutzung, soziale Ungerechtigkeiten, Krankheiten und Kriege. In fast allen Bereichen bilden sich wirkmächtige Lobby-Verbände. Auch wenn die Zahl der Teilnehmer am „Marsch für das Leben“ von Jahr zu Jahr steigt und sich immer mehr Gruppen ihrem Anliegen anschließen: Warum wird der Lebensschutz für das ungeborene Leben noch immer relativiert und gern in die rechte Ecke gestellt, völlig zu Unrecht?

Der Schutz des Lebens ist für mich unteilbar. Es gilt das Recht aller Menschen, zu leben und ihr Leben zu entfalten, nicht nur am Anfang des Lebens und am Ende, sondern vom Anfang bis zum Ende, vom Ungeborenen bis zum Sterbenden, vom Schwachen und Heimatlosen bis zu den Verfolgten und Flüchtlingen in gleicher Weise.

Als Christen werden wir uns deshalb aber nur dann glaubwürdig für den Schutz des Lebens am Anfang und am Ende einsetzen können, wenn wir zur gleichen Zeit zur Lebensgefährdung etwa in der Flüchtlingsfrage nicht schweigen.

Es ist gut, dass Sie sich positiv in diesen Fragen engagieren und äußern. Sie setzen sich für das Leben ein und ich bitte Sie, diese Grundmelodie Ihres Auftretens in Ihren Inhalten und in Ihrem Stil stets zu wahren. Nur so werden Sie Verständnis bei denen wecken können, die sich – aus welchen Gründen auch immer – dieser Bewegung nicht anschließen wollen.

In diesem Sinn wünsche ich dem „Marsch für das Leben“ Gottes Segen und Frieden.

Das Grußwort wird bei der Veranstaltung von Weihbischof Dr. Matthias Heinrich verlesen.