Am Freitag, 29. Januar 2021, stellten die Rechtsanwältin Sabine Wildfeuer und der Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter-Andreas Brand der Kanzlei REDEKER SELLNER DAHS das Gutachten „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich des Erzbistums Berlin seit 1946“ vor. Im Mittelpunkt standen die „Zusammenfassung der Erkenntnisse aus den Akten“ sowie die „Empfehlungen“ der Anwälte aus dem Gutachten.
Ziel des Gutachtens war es, anhand aller Akten durch Sachverständige feststellen zu lassen, ob sich schuldhaftes Verhalten von Verantwortlichen nachweisen lässt und welche Konsequenzen für die noch lebenden Verantwortlichen gezogen werden müssen.
Der bereits veröffentlichte, mehr als 200-seitige Teil des Gutachtens beschreibt die Erkenntnisse aus den Akten und gibt Empfehlungen, um zukünftig Fehler, die in Zusammenhang mit der Bearbeitung sexuellen Missbrauchs begangen wurden, zu vermeiden.
Auf Grundlage dieses Gutachtens beraten sich Erzbischof und Generalvikar, die seit fünf bzw. vier Jahren im Erzbistum tätig sind, mit gewählten Vertreterinnen und Vertretern aus dem Diözesan- und dem Priesterrat über die möglichen Maßnahmen.
Der dafür eingesetzten sog. „Gutachten-Kommission“ wird Unterstützung durch die Interventionsbeauftragte und externe Expertinnen bzw. Experten für das Kirchenrecht angeboten, um die rechtliche Grundlage abzusichern, da es für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen kein ausreichendes kirchliches Disziplinarrecht gibt. Darüber hinaus prüft die Gutachten-Kommission auch die moralische Verantwortung, die jeder der noch lebenden Verantwortlichen übernehmen muss.
Erzbischof Koch hat zugesagt, dass über die im veröffentlichten Teil hinaus bereits benannten Verantwortlichen, deren Fehlverhalten festgestellt wurde, die Namen aller Verantwortlichen genannt werden, die ihre Dienstpflicht verletzt haben. Hierzu werden dann auch diejenigen Abschnitte des Gutachtens, die die kirchlichen und staatlichen Ermittlungs- und Strafverfahren und den Umgang der Verantwortlichen mit dem jeweiligen Fall beschreiben, als Begründung für die Entscheidung des Erzbischofs veröffentlicht.
Die Gutachtenkommission, deren Mitglieder sich bisher zweimal getroffen haben, hat sich noch nicht konstituiert, da Domvikar Matthias Goy, Regens und zuständig für Aus- und Fortbildung, von der Arbeit der Kommission während ihrer ersten Sitzung zurückgetreten ist. Auch wenn seine Person nur am Rand im nicht-veröffentlichten Teil des Gutachtens genannt wird, will er durch diesen Schritt dazu beitragen, dass „der Kommission durch seine Mitarbeit keine von Außenstehenden und der Öffentlichkeit befürchtete Beeinflussung vorgeworfen werden kann.“
Der Priesterrat, der Regens Goy in die Kommission entsandt hatte, wird in seiner Sitzung am 4. März 2021 einen Nachfolger benennen.
Die Kommissions-Mitglieder Johanna Jungbluth, Kristin Wedekind, Daniel Schade, Winfried Onizazuk und Martin Kalinowski danken Regens Goy für die klare Kommunikation und bedauern sein Ausscheiden, das allerdings unvermeidlich ist. Die „Gutachten-Kommission“ arbeitet nur bezogen auf das Erzbistum Berlin.
Gemeinsam mit den Bistümern Dresden-Meißen und Görlitz sowie dem Katholischen Militärbischofsamt wird das Erzbistum Berlin eine unabhängige Aufarbeitungs-Kommission ins Leben rufen.
Die Ausschreibung zur Begleitung der Aufarbeitung sexueller Gewalt in einem Betroffenenbeirat, stellt einen weiteren Schritt dorthin dar. Personen aus dem Betroffenenbeirat werden in der Aufarbeitungs-Kommission mitwirken.
Die Arbeit und die Ergebnisse der Berliner „Gutachten-Kommission“ werden in die Arbeit der Aufarbeitungs-Kommission eingehen und dieser zur Verfügung stehen.