Benno-Reliquien zwischen Kult und Politik Erste umfassende Ausstellung zu Sachsens einzigem Heiligen

Foto: Homepage Evang. Dom Meißen

Meißen (KNA) Eine kleine, schmucklose Bodenplatte aus Sandstein fällt im Mittelgang des Meißener Doms auf. "Benno +" lautet die schlichte Inschrift. Erst in diesem Jahr wurde sie in dem protestantischen Gotteshaus eingelassen. Es ist der einzige sichtbare Hinweis, dass sich an dieser Stelle das ursprüngliche Grab des heiligen Bischof Benno von Meißen (um 1010-1106) befand, bislang einziger Heiliger Sachsens. Dabei war der heutige Schutzpatron des Bistums Dresden-Meißen, Bayerns und der Stadt München keineswegs ein Unbekannter und verfügte seit dem 13. Jahrhundert über eine respektable "Fangemeinde".

Doch da war dieser 14. Juli 1539. In Meißen hielt nach einigem Zaudern die Reformation Einzug und statuierte zur Festigung ihrer Macht ein eindrückliches Exempel: Das prunkvolle, mit zahllosen Votivgaben geschmückte Hochgrab Bennos samt Baldachin im Dom wurde kurz und klein geschlagen. Der protestantische Frust auf Benno hatte freilich eine Vorgeschichte - und ein Nachspiel, wie die Sonderausstellung "Ein Schatz nicht von Gold. Benno von Meißen - Sachsens erster Heiliger" zeigt, die ab diesem Freitag in der Albrechtsburg in Meißen zu sehen ist.

Es ist die erste umfassende Schau, die sich anlässlich von 500 Jahren Reformation dem Leben und Wirken des heiligen Benno, seiner symbolträchtigen Rolle in der Reformation sowie seiner Verehrung bis in die heutige Zeit widmet. Zu sehen sind über 200 Kunstwerke und Schriftstücke verschiedenster Gattung, von Briefen und Urkunden über liturgische Kleidung bis hin zu Reliquiaren und Gemälden.

Zu den herausragendsten Exponaten gehört Carlo Saracenis Gemälde (1618) von der Darstellung des sogenannten Fisch-Wunders - Benno findet im Bauch eines Fisches die Schlüssel zum Dom wieder, die er in die Elbe geworfen hatte -, das sich im Besitz der deutschsprachigen katholischen Pfarrgemeinde in Rom befindet. Ferner ein Schildhalter (um 1520) aus dem Meißner Dom, den das New Yorker Metropolitan Museum of Art zur Verfügung stellte, und ein Bischofsstab Bennos sowie eine silberne Büste des Heiligen aus dem Münchner Dom.

Erstmals zu sehen ist die päpstliche Original-Urkunde, mit der Papst Hadrian VI. nach intensiver Lobbyarbeit von Herzog Georg von Sachsen schließlich 1523 Benno heiligsprach, inmitten der Wirren der Reformation. Die Ausstellung verschweigt dabei nicht, dass das Wettiner Herrscherhaus gemeinsam mit dem Meißner Domkapitel beim Heiligsprechungsprozess durchaus Hintergedanken hatte: Denn der Pilgerstrom zum Benno-Grab war lukrativ und finanzierte den repräsentativen Ausbau des Meißner Burgbergs mit Dom und Albrechtsburg mit.

Eindrucksvoll gibt die Schau Einblicke in die mittelalterliche Frömmigkeit. In Zeiten, in denen Krankheit, Tod und die Angst vor der Hölle allgegenwärtig sind, suchten die Menschen Trost und Fürsprache am Grab Bischof Bennos. Dabei geben die historischen Quellen nur wenig von ihm und seinem Wirken preis. Offenbar war aber Meißen kein Traumjob. Der unterentwickelte Osten des Reiches versprach nur wenig Macht und kärgliches Einkommen. Erst posthum geht sein Stern auf: So wächst und wächst die Liste der Wunder, die seiner Fürsprache zugeschrieben werden. Die Ausstellung listet eine kleine Auswahl auf: mindestens 37 Tote zum Leben erweckt, 626 Kranke geheilt, 6 Gefangene aus dem Kerker befreit.

Luther jedoch war dieser Kult um Bennos Reliquien ein Greuel. Er verfasste anlässlich der Heiligsprechung seine Streitschrift "Wider den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll erhoben werden". Sie führte zu einer reichsweiten Kontroverse über die Anrufung von Heiligen als Fürbitter. So wurde Benno zum Kristallisationspunkt theologischer Kritik der Reformatoren.

Eingängig zeichnet die Ausstellung nach, wie schließlich 1576 die geretteten Reliquien des heiligen Benno samt Gewand, Mitra und Stab nach München gerettet wurden. Im Kontext der Gegenreformation wurde Benno 1580 zum Stadtpatron Münchens und Landespatron Bayerns ernannt. Im protestantischen Sachsen freilich musste seine "Renaissance" bis zur Wiederbelebung des Katholizismus im 18. Jahrhundert warten. Und auch die Meißner Lutheraner, scheint's, finden so langsam ihren Frieden mit Benno.