Geschenk des Erzbistums Berlin an Papst Benedikt XVI. Plötzenseer Diptychon

Hintergrundinformationen zum Plötzenseer Diptychon von Diana Obinja

Bei Renovierungsarbeiten an der JVA Plötzensee im Sommer 2010 wurden einige Fensterkonstruktionen ausgetauscht, die seit dem Bau des Gefängnisses circa 1871 in einem Treppenhaus eingebaut waren. Unzählige Strafgefangene sind an diesen Fenstern vorbeigegangen. In der Zeit des Nationalsozialismus gehörten auch aus politischen Gründen Verurteilte dazu. Plötzensee war das Berliner Hinrichtungsgefängnis, in dem Todesurteile des Volksgerichtshofs und der Sondergerichte vollstreckt wurden. Nach einem Bombenangriff, bei dem das sogenannte Totenhaus neben dem Hinrichtungsschuppen beschädigt wurde, richtete das Regime während der „Plötzenseer Blutnächte“ hunderte Verurteilte im Schnellverfahren hin. Allein in der Nacht zum 8. September 1943 starben hier 186 Menschen durch den Strang.

In der Anstaltsleitung und der Seelsorge der JVA Plötzensee ist die Erinnerung an die Opfer des NS-Terrors wach. Die Idee, die ausgebauten Fenster in geeigneter Form zum Gedenken der Opfer zu verwenden, lag daher auf der Hand. Die Ankündigung des Papstbesuches für den September 2011 bot den idealen Anlass, auch theologisch reflektiert an die Blutzeugen der nationalsozialistischen Verfolgung zu erinnern. Neben dem Glaubensleben der Berliner Katholiken und der Begegnung mit Regierung und Bundestag sollte dem Papst auch das Berlin der Auseinandersetzung mit den menschenverachtenden Ideologien des 20. Jahrhunderts präsentiert werden.

Die Plötzenseer Gefängnisfenster bilden den materiellen Rahmen für ein Werk der Künstlerin Diana Obinja, das dem Heiligen Vater als Gastgeschenk überreicht wird. Ohne der Verwendung vorzugreifen, soll es als Altarbild geeignet sein, um auch dem liturgischen Gedächtnis derer zu dienen, die für ihren Glauben als katholische, evangelische und orthodoxe Christen, ihre Überzeugung und für ihren Einsatz für den Nächsten ihr Leben lassen mussten. Im Sinn des vom seligen Papst Johannes Paul II. mehrfach formulierten „Ökumenismus der Heiligen und Märtyrer“ (u.a. Tertio Millennio Adveniente 37) werden diese Blutzeugen gemeinsam gewürdigt.

Die von Diana Obinja geschaffene Darstellung zeigt vor der Silhouette eines Hafthauses die Namen von Tätern und Opfern. In schwerer, gerader Schrift lasten die Täternamen, während die Namen der Blutzeugen in endloser Himmelsleiter schwungvoll aufsteigen. Unter den Namen, die sich leicht entziffern lassen, finden sich die Seligen Jakob Gapp und Nikolaus Groß. Neben Katholiken wie Kaplan Hermann Josef Wehrle und Bernhard Letterhaus sind evangelische Christen wie Elisabeth von Thadden (die bereits in einer Kapelle im Vatikan gewürdigt wird) und Orthodoxe wie Liane Berkowitz. Die Köpfe des Kreisauer Kreises, der Protestant Helmut James Graf von Moltke und der Jesuit Alfred Delp, Militärs, Politiker, Geistliche, aber auch einfache Arbeiter finden sich unter den Namen. Deutsche, Belgier und Tschechen, Polen und Russen werden auf der Himmelsleiter benannt. Für sie alle besteht die christliche Hoffnung, dass ihr Lebens- und Blutzeugnis nicht vergebens war. Ihr Einsatz für Wahrheit und Gerechtigkeit, ihr Dienst an Menschen in Bedrängnis hat Bestand vor Gott bleibt Vorbild für die Nachgeborenen.

8. September 2011

Thomas Marin, Diakon
Kath. Seelsorger an der JVA Plötzensee

Vom Treppenhausfenster zum Papstgeschenk - Die Entstehung des Plötzenseer Diptychons:

Am 8. September 2011 wurde das Geschenk des Erzbistums Berlin an Papst Benedikt XVI. vorgestellt:

Plötzenseer Diptychon

Plötzenseer Diptychon
Kunstglasmembran mit Digitaldruck
80 x 100 cm
Diana Obinja
Berlin, 2011

Vita der Künstlerin Diana Obinja