Der 20. Juli 1944 und das Gewissen

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„Maria Regina Martyrum“ Maria, die Königin der Märtyrer, heißt die Gedenkkirche der deutschen Katholiken für die Opfer des Nationalsozialismus, erbaut zwischen Flughafen Tegel, Jakob-Kaiser-Platz und Schrebergarten-Siedlungen. Eigentlich keine „gute Adresse“ und dennoch mit Bedacht gewählt, denn der Nachbar im Osten ist die Gedenkstätte Plötzensee. Auch gestern hat das Gedenken an das gescheiterte Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 wieder mit einem Gottesdienst mit den Angehörigen in Maria Regina Martyrum begonnen.

Dieser Teil des Gedenkens ist nicht-öffentlich, aber er ist für viele, die – häufig bereits hoch betagt – daran teilnehmen, der Kern des Gedenkens. Die Attentäter haben sich auf ihr Gewissen berufen, dem sie sich letztlich verpflichtet fühlten. Für die hoch dekorierten Wehrmachts-Offiziere ein vielfaches Dilemma: denn gleichzeitig fühlten Sie sich dem militärischen Gehorsam und dem Gebot „Du sollst nicht töten“ verpflichtet.

Wir wissen, dass sie sich die Entscheidung, das Attentat auszuführen, nicht einfach gemacht haben. Erst als sie keinen anderen Weg mehr sahen Hitlers Wahn zu stoppen, waren sie bereit das Äußerste zu wagen.

Am 20. Juli geht es um das Gewissen. Wem fühle ich mich verpflichtet, welche Regeln erkenne ich an?

Ich bin fest davon überzeugt, dass jede und jeder von uns ein Gewissen hat. Und auch dann, wenn ich es weder beim Röntgen noch beim Blutabnehmen nachweisen kann. Ich bin auch davon überzeugt, dass jede und jeder ein Gewissen braucht, als inneren Kompass, als eigene letzte Instanz.
Ich bin schließlich auch davon überzeugt, dass man sein Gewissen bilden muss, sonst verkümmert es, wie ein Muskel, den man nicht trainiert.

Nur wenn ich ab und zu mal ein schlechtes Gewissen habe, weiß ich, ob ich noch ein Gewissen habe. Oder anders gesagt: wer immer behauptet, ein gutes Gewissen zu haben, muss sich auch fragen lassen, ob er überhaupt eines hat. Gewissensprüfung und lebenslange Gewissensbildung sind anspruchsvolle Aufgaben lernbereiter, bewusst lebender Menschen.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.