Die Grenzen des Populismus

„Populismus“ ist in aller Munde. Ich halte von diesem Schlagwort nicht sehr viel, denn ‚populistisch‘ kann ja auch bedeuten: ich schaue, was das Volk meint! Und das, hoffe ich, macht jeder Politiker. Was aber bedenklich ist am Populismus, das ist das verflachende, einfache Denken, das vorgibt, alle Probleme zu lösen. Vollends unerträglich wird populistisches Verhalten, das aggressiv gegen Andersdenkende vorgeht und Probleme auf Sündenböcke abschiebt.

Als Bischof in Dresden habe ich miterlebt wie dort die Pegida-Bewegung angefangen hat. Es war in dem Jahr, in dem wir 25 Jahre Fall der Mauer gefeiert haben. Da wurde gesagt: ‚Damals, in der Wende, sind die Menschen auf die Straße gegangen, um gegen gesellschaftliche Missstände anzugehen - heute müssen wir wieder marschieren‘. Aber das brach sehr schnell um, als sich an die Spitze der Bewegung redegewandte Leute setzten, die die Massen angezogen und hinter sich gebracht haben, manchmal auch hinter sich gebrüllt haben. Das habe ich mit Erschrecken wahrgenommen. Argumente, Differenzierung, das war überhaupt nicht mehr gefragt. Das ist für mich das Schlimmste an allen populistischen Bewegungen: sie sprechen über anders Denkende nicht mit Hochachtung.

Populismus entsteht aus Verunsicherung. So mancher fühlt sich heimatlos in der globalen Welt. Der Eindruck der Hilflosigkeit greift um sich, gegen den man sich wehren zu müssen glaubt. Das ist eine Herausforderung für alle Parteien, auch für die Kirchen. Was wir tun können? Wir sollten versuchen, Heimat zu bieten. Wir sollten die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten zur Geltung kommen lassen und sie nicht gleich in Schubladen stecken.

Der christliche Glaube ist bedeutend für das gesellschaftliche Leben und gehört in die Öffentlichkeit. Sonst verraten wir diesen Glauben und die Menschen, für die dieser Glaube eine Lebenshilfe ist, und ihre Gesellschaft. Das Christentum ist eine wesentlich weltorientierte Religion, die diese Gesellschaft mitprägen will. Im Wissen darum, dass auch im christlichen Glauben Menschen unterschiedliche politische Überzeugungen haben können. Diese Pluralität ist ein Reichtum. Deswegen werden wir auch alles dafür tun, dass wir mit Frauen und Männern der unterschiedlichsten politischen Richtungen in ein gutes Gespräch eintreten. Wenn es aber gegen die Würde der Anderen geht oder das Ansehen von Minderheiten bedroht wird, ist eine Grenze erreicht, an der wir sagen müssen: bis hierher – und nicht weiter.