„Das weiße Blatt Papier bunt gestalten“

Seit Januar leitet Mirja Wolfs den neu gegründeten Zweckverband Einen bistumsweiten Träger für alle katholischen Kitas aufbauen: Mirja Wolfs fühlt sich gut gerüstet für diesen Job – auch wenn sie weiß, dass es keine einfache Aufgabe wird. Welche Vorteile der neue Zweckverband für Kitas und Kirchengemeinden bringt, erklärt die 37-Jährige im Interview.

Frau Wolfs, Sie waren elf Jahre lang für den Kita-Zweckverband im Bistum Essen tätig. Wie schwer fiel Ihnen der Abschied?

Nach elf Jahren fällt einem der Abschied natürlich nicht ganz leicht. Aber ich habe mich tierisch darauf gefreut, ins Erzbistum Berlin zu kommen. Die Arbeit im Bereich der frühkindlichen Bildung hat mich entfacht – für mich gibt es keinen schöneren Wirkungsort, Zukunft mitzugestalten. Sie klingen begeistert, obwohl es sicher keine leichte Aufgabe ist, einen Verband wie diesen komplett neu aufzubauen. Es ist sicherlich eine komplexe Aufgabe. Was mich aber begeistert hat, ist, dass die Erzdiözese bewusst sagt: Wir investieren in den Bereich Bildung. Wir wollen für Kinder und Familien da sein und auf die Lebenswirklichkeit von Familien eingehen. Damit setzt man einen starken Fokus. Und das ist alles in dem Spannungsfeld zu sehen, in dem sich die Katholische Kirche aktuell befindet. Wir haben viele interne Herausforderungen. In so einer Zeit den Schritt zu wagen und zu sagen: Wir gründen einen bistumsweiten Träger für unsere Kindertageseinrichtungen, das, finde ich, ist ein sehr deutliches Signal für eine Zukunftsfähigkeit. 

Ähneln sich die Herausforderungen, vor denen die Kitas stehen?

Vom Grundsatz her ist es schon so, dass sich die Fragestellungen im Bereich der Kindertageseinrichtungen ähneln. Nehmen wir das große Beispiel der Personalgewinnung: Der Fachkräftemangel ist einfach da. Das bewegt viele Kitaträger, wenn nicht sogar alle. Und dennoch ist es so, dass jede Kindertageseinrichtung auch ganz individuelle Herausforderungen hat und das ist so reizvoll für mich. Wir haben auf der einen Seite Berlin, die Hauptstadt, und auf der anderen Seite die ländlichen Regionen mit Brandenburg und Vorpommern. Dort finden wir ganz andere Rahmenbedingungen wie auch Landesgesetzgebungen vor – darauf einzugehen, das ist schon besonders.

Was macht Ihren Job als Geschäftsführerin des Zweckverbands aus?

Als Geschäftsführerin bin ich verantwortlich für die Steuerung und den Aufbau. Es geht darum, die Organe für den Verband zu konstituieren, also die Verbandsvertretung und auch den Aufsichtsrat. An zweiter Stelle steht der Aufbau der Geschäftsstelle, die letztendlich die Dienstleistung für die Kindertageseinrichtungen übernimmt und Rahmenbedingungen für die Erzieherinnen und Erzieher schafft, die in unseren Einrichtungen tätig sind. Und als dritter Bereich liegen die Betriebsübertragungen in meiner Verantwortung, sprich die Überführung der Kindertageseinrichtungen in den Zweckverband.

Inwiefern helfen Ihnen Ihre beruflichen Erfahrungen aus dem Bistum Essen?

Ich habe auf der einen Seite Erfahrungen sammeln können, wie ein bistumsweiter Kitaträger geführt wird und welche Erfordernisse es braucht – sowohl im inhaltlichen als auch im betriebswirtschaftlichen Bereich. Aber das größte Pfund, das ich mitbringe, ist: Ich kenne das operative Geschäft. Ich weiß um die Herausforderungen, die in den Kindertageseinrichtungen bestehen. Diese Erfahrungen sind ein gutes Rüstzeug.
Vermutlich konnten Sie noch nicht alle 75 Kitas im Erzbistum Berlin in den ersten zwei Monaten besuchen ...

... nein, leider noch nicht (lacht). Aber ich habe schon einige tolle Einrichtungen gesehen – zum Beispiel einen katholischer Bildungscampus, wo Kita, Hort und Grundschule mit der Kirchengemeinde zusammenwirken und auch die Kirche das Ensemble mitprägt. Wirklich wunderschön! Ich freue mich jetzt auf viele tolle Kolleginnen und Kollegen in den Kindertageseinrichtungen, in den Pfarreien, im Caritasverband und im Erzbistum, die mit Herzblut und Leidenschaft in der Elementarpädagogik tätig sind und die Kitas als Orte gelebten Glaubens stärken wollen. Bisher waren die Kirchengemeinden Träger ihrer Kitas.

Welche Vorteile bietet die neue Struktur?

Der Zweckverband ist erstmal dafür da, die Kirchengemeinden von der Betriebsträgerschaft zu entlasten. Das heißt vorrangig: Wir schaffen Raum für die Kita- Pastoral und für die religionspädagogische Arbeit. Und es geht auch um eine Professionalisierung: Das Feld der frühkindlichen Bildung hat in den letzten Jahren einen enormen Boom erfahren. Gleichzeitig besteht ein Fachkräftemangel. Als großer Träger, der bistumsweit agiert, haben wir andere Möglichkeiten, z. B. in der Personalentwicklung oder beim Personalausfall, indem wir Springerpools aufbauen. Es ergeben sich auch Vorteile, die wir Mitarbeitenden anbieten können, wie beispielsweise ein betriebliches Gesundheitsmanagement.

Welche Aufgaben übernimmt der Zweckverband ganz konkret?

Wir verantworten alle anfallenden Aufgaben von Personalgewinnung und -betreuung über die Instandsetzung der Gebäude bis hin zu den Finanzprozessen. Und gleichzeitig entwickeln wir mit den Kindertageseinrichtungen und den Pfarreien die inhaltliche Arbeit weiter. Damit erreichen wir, dass wir das Ehrenamt in den Kirchengemeinden entlasten.

Was wünschen Sie sich für die kommende Zeit?

Das Jahr 2023 wird dadurch geprägt sein, gemeinsam mit allen Akteuren den Verband aufzubauen und zu entwickeln. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam mutig sind, viele gute Ideen und Impulse sammeln, um das vor uns liegende weiße Blatt Papier bunt zu gestalten.