„Ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.“ Das ist tiefste Theologie, würden viele sagen. Doch diese Theologie kann man auf ganz fröhliche Art kennen lernen.
So jedenfalls 82 Ordensschwestern, die sich Anfang Mai mit unserem Erzbischof auf Wallfahrt begeben haben. Ziel war die alte St. Nikolai-Kirche in Bad Wilsnack, zu der im Mittelalter zahlreiche Menschen gepilgert sind. Im Jahre 1383 sind dort nach einem Brand der Kirche drei blutige Hostien gefunden wurden. Die Hostien sind das Zeichen der Eucharistie: das ist mein Leib, der für Euch hingegeben wird. „Heilig wird man nicht durch ein tadelloses Leben,“ erklärte der Erzbischof, „ sondern dadurch, dass man sich geliebt wissen darf, von Gott und auch von den Menschen“.
Seit der Reformation ist die Nikolaikirche evangelisch. In herzlicher Gastfreundschaft wurden wir dort empfangen. „Zum letzten Mal hat Alfred Kardinal Bengsch in dieser Kirche die Eucharistie gefeiert,“ so wurde uns stolz erzählt. Die Bitte Jesu aus dem Evangelium des Tages, dass alle eins seien, konnten wir an diesem Tag ein Stück erleben.
In Bad Wilsnack existiert übrigens eine kleine St. Marien Kirche, in der sich die Wilsnacker Katholiken sonntags zum Gottesdienst versammeln. Sie ließen es sich nicht nehmen, den Erzbischof zu begrüßen und mit uns Gottesdienst zu feiern. Der Erzbischof dankte ihnen für ihr mutiges Zeugnis, das sie als Christen in der Diaspora geben. Das sei heute unsere Aufgabe: den Menschen von Gottes Liebe zu erzählen.
Rühstedt, ein kleines Dorf ganz dicht an der Stelle, wo die Havel in die Elbe mündet. Dieses Dorf kann eine Besonderheit aufweisen. Seine Bewohner wohnen nicht nur in den Häusern, sondern zum großen Teil auf den Dächern. Fast auf jedem Dach hat sich ein Storchenpaar eingenistet, um ihre Jungen groß zu ziehen. Die Schwestern schmunzelten: Na, wenn das keinen Nachwuchs gibt ...
Auf dem Rückweg luden uns die Schwestern von der Hl. Ursula nach Neustadt/Dosse ein. Dort haben die Schwestern ein Haus, in dem sie mit Menschen mit Behinderungen leben. Die Bewohner haben für uns einen festlichen Kaffeetisch gedeckt. Gemeinsam haben wir zusammen mit einigen Bewohnern ein paar fröhliche Lieder geschmettert (da ging wirklich die Post ab!). Geheiligt – in diesem Haus konnte man etwas von dieser Atmosphäre spüren.
Geheiligt – das heißt, sich von Gott und den anderen geliebt zu wissen. Die Ordensschwestern haben dies aufs Neue erfahren dürfen. Und nicht nur diese. Beim Abschied am Bahnhof Zoo sagte der eine Busfahrer: In meinem Bus ging es so fröhlich zu, es wurde gesungen und gelacht ... Ob der die Lektion auch verstanden hat?