Berlin (KNA) Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist das Treffen von Königen beinahe Alltag. Mit militärischen Ehren werden die Staatsgäste in Berlin empfangen. An diesem Montag sieht der Königsempfang etwas anders aus. Im Presseraum des Kanzleramtes stapeln sich Taschen, Schulranzen, goldene Papierkronen und dutzende Sterne an langen Holzstäben. Wie in jedem Jahr sind Sternsinger aus allen deutschen Diözesen bei der Regierungschefin zu Besuch - zum Singen und Segnen.
Die Kanzlerin sieht etwas müde aus, als sie sich der großen Treppe im Eingangsbereich des Kanzleramtes nähert. Es ist Wahlkampfjahr und der Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin liegt nur kurze Zeit zurück. Doch von etwaiger Müdigkeit lässt sie sich nichts anmerken. Nach und nach begrüßt sie mehr als 100 Sternsinger aus den einzelnen Diözesen per Handschlag, posiert freundlich lächelnd für die Fotografen und stimmt beim Gloria mit ein.
Mit ihren bunten Kostümen und hoffnungsvollen Liedern seien die Sternsinger jedes Jahr gerngesehene Gäste im meist ruhigen und arbeitsamen Kanzleramt, erzählt Merkel. Mit dem Besuch verändere sich die Stimmung. "Als Sternsinger macht ihr klar, dass es nicht nur um euch geht, nicht nur um die Kinder in Deutschland", lobt sie das Engagement der Sternsinger für ihre Altersgenossen weltweit. "Ihr seid jung, aber ihr bewegt viel."
Die jährlich um den Dreikönigstag am 6. Januar stattfindende Aktion "Dreikönigssingen" ist die weltweit größte Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder. Im vergangenen Jahr wurden in ganz Deutschland rund 46 Millionen Euro gesammelt.
Die 59. Aktion in diesem Jahr steht unter dem Jahresmotto "Gemeinsam für Gottes Schöpfung - in Kenia und weltweit!". Bundesweit wollen die Sternsinger zu einem Umdenken beim Konsumverhalten und Lebenswandel aufrufen und auf die schwerwiegenden Folgen des Klimawandels vor allem in Afrika aufmerksam machen. Etwa 300.000 Sternsinger sammeln Spenden für Landwirtschafts- und Wasserprojekte in der Region Turkana im Nordwesten Kenias, die stark unter dem Klimawandel leidet.
Gemeinsam mit dem Präsidenten des Kindermissionswerks "Die Sternsinger", Klaus Krämer, und dem Bundespräses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Pfarrer Dirk Bingener, haben Sternsinger aus dem Bistum Fulda am Freitag bereits Bundespräsident Joachim Gauck einen Besuch abgestattet. Wie an allen Häuser schrieben sie auch im Schloss Bellevue die Segensformel "Christus mansionem benedicat" ("Christus segne dieses Haus") in der Kurzform samt Jahreszahl "20*C+M+B+17" mit Kreide an die Tür. Im Kanzleramt muss eine Betonwand für die Segensformel herhalten.
Die Kanzlerin zeigt sich besonders erfreut über das Jahresmotto. Der Klimawandel sei auch für sie ein zentrales Thema, und es sei "sehr perfide", dass Menschen in anderen Weltteilen unter etwas litten, das sie gar nicht selbst verursachten. Wie Papst Franziskus gesagt habe, könne jeder Einzelne "als Werkzeug Gottes an der Bewahrung der Schöpfung mitarbeiten", bekräftigt Merkel. Das Pariser Klimaabkommen zeige, dass die Weltgemeinschaft sich der Herausforderung einer nachhaltigen Energie- und Umweltpolitik bewusst sei. Deutschland sei an vielen Stellen Vorreiter.
Eine besondere Aufgabe beim Empfang kommt Charlotte Freyberg aus der Berliner Salvator-Gemeinde in Lichtenrade zuteil. Die 13-Jährige ist von der Unesco als Kulturtalent auserwählt worden, um als Botschafterin die schützenswerte Tradition des Sternsingens weltweit zu repräsentieren. Seit 2015 ist das Sternsingen in das Unesco-Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eingetragen. Im Kanzleramt überreicht Charlotte der Kanzlerin eine kleine Holzwaage: Wichtig sei, dass die Erde im Gleichgewicht bleibe. Dafür solle sich Frau Merkel bitte einsetzen, sagt Charlotte.