Berlin (KNA) Die Suppenküche der Schwestern der Mutter Teresa liegt in Berlin-Kreuzberg in der Gemeinde Sankt Marien Liebfrauen. Bereits am Eingangstor hängt ein Plakat: "Am 04.09.2016 wird Mutter Teresa in Rom heiliggesprochen. In Vorbereitung laden wir Sie herzlich ein zu einem Besinnungsnachmittag am 31.08.2016." Daneben Bilder der Ordensfrau und die Einladungen zum Gottesdienst an Mutter Teresas Festtag und zum Dankgottesdienst mit Berlins Erzbischof Heiner Koch. Für die Schwestern ist die Heiligsprechung ihrer Ordensgründerin ein Aufruf, sich ihrer Berufung zur Liebe und Barmherzigkeit im Dienst an den Ärmsten neu zu besinnen und es täglich neu zu leben.
Im Speisesaal der Suppenküche stehen weiße Tische und blaue Stühle. Platz ist für etwa 56 Personen, pro Tag kommen rund 100 Gäste zum Essen - oft gibt es Eintopf, den die Schwestern aus Lebensmitteln zubereiten, die von umliegenden Supermärkten gespendet werden. "Die meisten Gäste sind einsam, brauchen Gesellschaft und jemanden, der ihnen zuhört", sagt Schwester Laura, eine von fünf in Berlin lebenden Schwestern der Mutter Teresa. Fotos der Ordensgründerin, von Papst Franziskus und Bildnisse Jesu zieren die Wände des Raumes. Zudem ein Kruzifix, daneben der Satz "Mich dürstet".
"Wir wollen den Durst Jesu am Kreuz, der in den Ärmsten dürstet, stillen", erklärt die deutsche Schwester. Neben der Verpflegung Obdachloser in der Suppenküche machen die Ordensschwestern, darunter vier Inderinnen, Besuchsdienste in Krankenhäusern und Pflegeheimen und halten Bibelstunden und Katechesen. "Wir begleiten die Menschen und beten für sie und mit ihnen." Schwester Laura trägt, wie bereits Mutter Teresa selbst, einen weißen Sari mit dunkelblauer Borde, an der linken Schulter ist ein silberfarbenes Kreuz befestigt.
Als Albanerin mit bürgerlichen Namen Agnes Gonxha Bojaxhiu im heute mazedonischen Skopje geboren, trat Mutter Teresa von Kalkutta (1910-1997) mit 18 Jahren bei den Loreto-Schwestern ein. Sie wirkte als Lehrerin in Kalkutta. 1948 verließ sie die Gemeinschaft, um dem Ruf Jesu zu folgen, ihm in den Ärmsten der Armen zu dienen und das Leben der Armen zu teilen. 1950 gründete sie dort mit einheimischen jungen Frauen eine Gemeinschaft, die "Missionarinnen der Nächstenliebe". Vor allem ihre Heime für Findelkinder und ihre Sterbehäuser für todkranke Obdachlose machten sie über Indien hinaus bekannt.
Auch heute noch leben die Ordensschwestern in Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. Vier Mal am Tag halten die Schwestern in Berlin inne, um zu beten, zudem gibt es feste Zeiten für geistliche Lesungen und Anbetung. Jeder Tag beginnt mit dem Morgengebet um fünf Uhr und endet mit dem Nachtgebet um 21 Uhr. Vormittags und nachmittags verrichten sie das Apostolat, den Dienst an den Armen.
"Bei Mutter Teresa hat man immer die Nähe zu Gott gespürt, sie hat nie einen Unterschied in ihrer Liebe zu den Menschen gemacht", erzählt Schwester Laura. Sie habe bereits persönliche Begegnungen mit ihr gehabt. Berlin habe Mutter Teresa sieben Mal besucht. 1981 wurde ein Ordenshaus in Ost-Berlin errichtet, 1983 das in Kreuzberg. 1991 wurden beide Niederlassungen zusammengelegt. In Deutschland gibt es noch Häuser in Essen, Chemnitz, Mannheim, Hamburg, München und Frankfurt am Main. Rund 30 Schwestern sind dort insgesamt tätig.
Vor den Mahlzeiten liest Schwester Laura aus der Bibel. "Gemeinsam mit den Gästen beten wir danach das Vaterunser." Der Text hängt gut leserlich und eingerahmt im Speisesaal. "Für viele ist es die erste Begegnung mit Gott, aber sie hinterlässt Eindruck, weil sie spüren, dass sie nicht allein sind."
Einige der Gäste kommen freitags zur Bibelstunde, um über Gott zu sprechen. "Wir haben in den vergangenen Wochen über die Werke der Barmherzigkeit geredet, und viele erzählen von ihren eigenen Erlebnissen damit", berichtet Schwester Laura. Verdruss oder die Frage, warum Gott für sie ein Leben in Armut gewählt habe, kämen dabei selten auf. "Die meisten genießen die gemeinsame Zeit und die Zeit im Gebet mit Gott."
Die Heiligsprechung der Ordensgründerin sei ein Grund der Freude und Dankbarkeit für die Missionarinnen der Nächstenliebe, sagt Schwester Laura. "Ihr Beispiel, ihr Lebensweg, das, was sie uns hinterlassen hat, wollen wir in Treue weiterleben." Das Fest der seligen Mutter Teresa wird nur in einigen Gemeinden gefeiert, "nach der Heiligsprechung feiern wir ihr Fest weltweit". Die Heiligsprechung sei Ermutigung und Anstrengung zugleich: "Sie bedeutet, die Liebe und Barmherzigkeit noch intensiver zu leben und den Weg Mutter Teresas weiter zu beschreiten."