"Miteinander in Aktion"Katholische Kirche eröffnet deutsch-polnisches Begegnungszentrum

Die Corona-Krise und die damit verbundenen Grenzkontrollen auch an Oder und Neiße haben es drastisch vor Augen geführt: Es gibt nicht nur Tausende Polen, die täglich beruflich über die Grenze wechseln, immer mehr wohnen auch in Deutschland und fahren zur Arbeit in ihre alte Heimat. Dem trägt das Erzbistum Berlin nun mit einem Begegnungszentrum in der 3.200-Einwohner-Gemeinde Löcknitz in Vorpommern Rechnung. Am kommenden Sonntag (30. August) wird es eröffnet.

Das erste Kirchenprojekt dieser Art trägt den Titel "mia", abgekürzt für "Miteinander in Aktion". In einer umgebauten ehemaligen Gaststätte soll es deutsche und polnische Einwohner der Region zusammenbringen. Dort gibt es künftig zweisprachige Gottesdienste und weitere kirchliche Veranstaltungen, aber auch Projekttage für Kinder und Jugendliche. Überdies bietet die Caritas ihre vielfältigen Beratungsdienste an. Generell ist das Zentrum aber "offen für kirchliche und zivilgesellschaftliche Aktivitäten unabhängig von Religion, Kultur, Geschlecht oder sozialem Stand", wie Leiterin Klaudia Wildner-Schipek betont.

Die Politikwissenschaftlerin führt mit dem Zentrum ein vorausgegangenes zweijähriges Pilotprojekt unter dem Motto "Glaube ohne Grenzen" in erweiterter Form fort. Zuletzt gab es in Löcknitz bereits ähnliche kirchliche und soziale Angebote zur Integration der Neubürger. Wie das Pilotprojekt wird nun auch das Begegnungszentrum vom Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken gefördert, das zukunftsweisende kirchliche Projekte unterstützt.


In der deutsch-polnischen Grenzregion von Usedom bis Zittau hat sich Wildner-Schipek als Vermittlerin zwischen Deutschen und Polen schon einen Namen gemacht. "Ich bin zwischen den Kulturen aufgewachsen und habe das Gespür für beide Mentalitäten", erklärt die Tochter eines deutschen Vaters und einer polnischen Mutter. Vor ihrem Engagement für die Kirche arbeitete sie in Polen auf kommunaler Ebene für die deutsch-polnische Zusammenarbeit.


Dass sie mit ihrem Team nun gerade in Löcknitz ein neues Vorzeigeprojekt etablieren kann, ist kein Zufall. In der Gemeinde gibt es bereits eine deutsch-polnische Kindertagesstätte und ein deutsch-polnisches Gymnasium. Der Ort ist rund zehn Kilometer von der Grenze und 25 Kilometer von Stettin (Szczecin) entfernt. Steigende Immobilienpreise in der 400.000-Einwohner-Stadt machen Löcknitz und andere Grenzorte, deren Einwohnerzahl nach dem Ende der DDR durch Abwanderung zurückgegangen war, für polnische Zuwanderer attraktiv.


Dies schlägt sich auch in den Statistiken des Erzbistums Berlin nieder, dem Vorpommerns Katholiken zugeordnet sind. Die Drei-Prozent-Minderheit erhält durch die polnischen Zuzügler einen zahlenmäßig kräftigen Zuwachs. So machen sie in der Pasewalker Gemeinde Sankt Otto bereits mehr als die Hälfte der Mitglieder aus, ähnliche Entwicklungen gibt es im südlich an das Erzbistum Berlin anschließenden Bistum Görlitz.


Auch sonst stark integrierte polnische Familien fuhren bislang allerdings sonntags meist zu Gottesdiensten über die Grenze und fehlten damit in ihren neuen Kirchengemeinden. Mit polnischsprachigen Seelsorgern und dem neuen Begegnungszentrum soll es ihnen leichter werden, an ihrem neuen Wohnort auch religiös Wurzeln zu schlagen. "Wir wollen ihnen eine geistige Heimat anbieten und gleichzeitig einen Beitrag zur Entwicklung der Oder-Grenzregion leisten", begründet der Berliner Erzbischof Heiner Koch das Projekt.