Bonn / Hannover (KNA) Einmal im Jahr legen die katholische Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ihre Statistiken vor.
Die Zahlen sollen über das kirchliche Leben in den 27 katholischen Bistümern und den 20 evangelischen Landeskirchen informieren. Sie werden alle Jahre wieder mit Spannung erwartet. Denn sie geben unter anderem Aufschluss darüber, wie vital das Christentum in Deutschland ist - und welche gesellschaftliche Relevanz es besitzt.
Die am Freitag veröffentlichten Eckdaten für das Jahr 2016 zeigen zunächst einmal, dass weiterhin deutlich mehr als die Hälfte der 82,8 Millionen Einwohner Deutschlands einer der beiden großen Kirchen angehören - insgesamt 55 Prozent. Hinzu kommen weitere 3,3 Prozent aus orthodoxen sowie anderen kleineren christlichen Kirchen und Gemeinschaften.
Die Katholiken lagen mit 23,58 Millionen Mitgliedern (28,5 Prozent) vor den Protestanten mit 21,92 Millionen (26,5 Prozent). In beiden Fällen gingen die Zahlen wie in den Vorjahren zurück. Gründe sind demografische Faktoren und eine weiterhin hohe Zahl von Menschen, die ihrer Kirche den Rücken kehren.
Die katholische Kirche verzeichnete 2016 exakt 162.093, die evangelische Kirche 190.000 Austritte. Dagegen stehen bei der katholischen Kirche 9.048 Eintritte beziehungsweise Wiederaufnahmen. Wobei hinzuzufügen ist, dass die Zeit der Negativrekorde bei den Austritten - bedingt etwa durch das Bekanntwerden des Missbrauchsskandals - vorerst vorbei zu sein scheint.
Die EKD hob hervor, dass 2016 erstmals seit drei Jahren weniger Menschen aus der evangelischen Kirche austraten als Mitglieder im selben Zeitraum durch Taufe (180.000) oder Aufnahme (25.000) hinzukamen. Bei näherem Hinsehen offenbaren sich weitere überraschende Auffälligkeiten.
So sank die Zahl der katholischen und evangelischen Christen in Bayern erstmals unter die Marke von neun Millionen. Den höchsten Mitgliederzuwachs - absolut und auch prozentual - hatte bei den katholischen Bistümern das Erzbistum Berlin: Es meldet 2.737 Mitglieder mehr als 2015 und damit ein Plus von 0,66 Prozent. Dicht darauf folgt das Erzbistum Hamburg mit einem Plus von 2.565 Mitgliedern oder 0,63 Prozent.
Das zarte Pflänzchen Wachstum, es scheint erstaunlicherweise in einigen Gegenden des als entkirchlicht geltenden Ostens zu blühen. Das mit 29.277 Katholiken kleinste Bistum Görlitz etwa verzeichnete 2016 wie auch im Vorjahr einen Zuwachs, diesmal um 482 Katholiken. In einer anderen Kategorie ist Görlitz sogar Spitzenreiter. Im vergangenen Jahr kamen durchschnittlich 19,3 Prozent seiner Katholiken zur Sonntagsmesse - das bundesweite Mittel liegt bei 10,2 Prozent, 2015 waren es 10,4 Prozent.
In Berlin wie auch in Görlitz wird als ein Grund für den Positivtrend der Zuzug aus dem benachbarten Polen angegeben. Ungeachtet aller Sonderbewegungen bleibt zwischen Flensburg und Passau die Gemeindedichte trotz Mitgliederschwunds, Strukturreformen und Priestermangels beeindruckend. Katholischerseits sind es 10.280 Gemeinden, die EKD kommt sogar auf 14.055.
Bemerkenswert ist der Blick auf die Finanzen. Trotz des rückläufigen Trends bei den Mitgliederzahlen verzeichnen Katholiken und Protestanten mit 6,1 beziehungsweise 5,5 Milliarden Euro abermals neue Rekordergebnisse bei den staatlich eingezogenen Kirchenbeiträgen. Das hängt mit der guten konjunkturellen Lage zusammen. Sie sorgt unter anderem dafür, dass aus manch einem von der Kirchensteuer befreiten Arbeitslosen wieder ein regelmäßiger Beitragszahler wird.
Der anhaltende Geldsegen löst indes nicht die fundamentalen Probleme. Es bleibt die bohrende Frage, wie sich Menschen für die christliche Botschaft gewinnen lassen - und warum sich so viele von den Kirchen abwenden. "Hinter jeder Zahl steckt eine Biografie", sagt dazu der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Jesuitenpater Hans Langendörfer.