"Uns verbindet die Sorge um Europa"Bischöfe der Berliner Kirchenprovinz auf Besuch in Breslau

Wroclaw (KNA) Der Breslauer Erzbischof Jozef Kupny schmunzelt: "Das Erzbistum Berlin und das Bistum Görlitz sind ja gewissermaßen Töchter Breslaus - die Bischöfe sind heute quasi bei ihrer Mutter." Der katholische Oberhirte im heute polnischen Wroclaw spielt darauf an, dass die Wurzeln der beiden deutschen Diözesen im früheren Erzbistum Breslau liegen. Bis 1972 gehörten sie ihm auch kirchenrechtlich an, bevor es nach den deutschen Ostverträgen zu einer Neuordnung kam. Am Montag haben sich nun erstmals die Bischöfe und Generalvikare des Erzbistums Berlin sowie der Bistümer Dresden-Meißen und Görlitz als Vertreter der Berliner Kirchenprovinz gemeinsam auf den Weg nach Breslau gemacht.

Nicht nur um sich der gemeinsamen  Wurzeln zu vergewissern, sondern vor allem auch, um künftige Möglichkeiten nachbarschaftlicher Kooperation auszuloten. Kupny ist optimistisch, als der die Delegation aus dem Nachbarland empfängt: "Zwischen Breslau und Berlin gibt es schon gute Brücken, auf die wir aufbauen können." Berlins Erzbischof Koch sekundiert: "Gerade das polnisch-deutsche Verhältnis ist nicht aus wirtschaftlich-politischen Gründen gewachsen, sondern es wächst über die Kultur und die Religion."

Beide Erzbischöfe sind sich einig, dass gerade die Kirchen helfen können, in der angespannten politischen Situation zwischen Deutschen und Polen zu vermitteln. Koch betont: "Uns verbindet die Sorge um Europa. Und wir tragen da eine besondere Verantwortung und sollten als Kirchen auch gezielt Zeichen des konstruktiven Miteinanders setzen." Und Kupny ergänzt: "Wenn man persönlich miteinander spricht, gerade auch bei weniger offiziellen Treffen, dann kann man besser Argumente austauschen und lernt den anderen besser zu verstehen."

Insofern ist der Austausch zwischen den Bistumsleitungen mehr als nur heiterer Plausch, auch wenn es keine konkreten Beschlüsse gibt. Der Görlitzer Generalvikar Alfred Hoffmann berichtet, dass es in Görlitz einen anhaltenden Zuzug von Polen gibt. Etwa 2.000 leben inzwischen in der Grenzstadt: "Es sind vor allem junge Familien, die sich auch gut in die Gemeinden integrieren." Viele der neuen Görlitzer werden Messdiener. "In Polen ist es noch nicht so selbstverständlich, dass auch Mädchen ministrieren dürfen, und sie sind ganz stolz, dass sie das bei uns dürfen."

Als Herausforderung sieht es der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt dennoch, dass die Polen in den deutschen Gemeinden heimisch werden: "Da treffen unterschiedliche Mentalitäten und Glaubenserfahrungen aufeinander." Während die Deutschen eher rational seien, "glauben die Polen mehr mit dem Herzen". Das sei nicht immer einfach, könne aber für beide Seiten "sehr bereichernd sein", so Ipolt. "In den polnischen Familien ist der Glauben in den Familien stärker beheimatet - das können wir in der Diaspora gut gebrauchen."

Das Bistum Dresden-Meißen hingegen hat nur ein kleines gemeinsames Stück Grenze mit Polen, der Zuzug ist nicht so stark spürbar. "Aber es gibt etwa in Dresden und Leipzig sehr lebendige katholische polnische Gemeinden", berichtet Generalvikar Andreas Kutschke. Auch gibt es immer wieder Kooperationen mit dem Priesterseminar im oberschlesischen Oppeln. Seminaristen von dort schließen ihre Priesterausbildung im Bistum Dresden-Meißen ab und sind dort jetzt als Geistliche in den Gemeinden.

Im deutsch-polnischen Miteinander ist in den vergangenen Jahrzehnten viel Positives gewachsen, erinnert sich der Dresdner Altbischof Joachim Reinelt, der in Schlesien zur Welt kam. "Nach dem Krieg gab es lange große Vorbehalte gegenüber den Deutschen", so der 79-Jährige. "Aber auf der Kirchenebene war es genau das Gegenteil, da gab es immer einen großen Zusammenhalt."

Nicht nur Polen kommen nach Deutschland, es ist auch umgekehrt. Pater Marian Arndt leitet die deutschsprachige katholische Gemeinde in Breslau: "Das sind in erster Linie die vor 1945 in Schlesien geborene Deutschen, die hier geblieben sind - und inzwischen natürlich relativ alt sind." Aber dass seine Gemeinde ausstirbt, denkt er nicht: "Das vereinigte Europa ist eine Zukunft für die deutsche katholische Gemeinde." So gibt es immer häufiger zweisprachige Trauungen.