Viel Unerwartetes entdeckt - "aber keine Geheimgänge"

Umbauarbeiten der Hedwigskathedrale sind in vollem Gang


Rohes Mauerwerk, freiliegende Stahlträger, provisorisches Holzgeländer: Die katholische Berliner Hedwigskathedrale, um deren Umbau es im Erzbistum Berlin so viel Streit gab, existiert in ihrer alten Form nicht mehr. Zumindest innen sieht die Kirche zur Zeit sehr ungewohnt aus. Den Baustellenbesucher empfängt ein nahezu ausgehöhlter, runder Kirchenraum mit Kuppel. Wer sich vorstellen will, dass daraus wieder ein fertiger Kirchbau werden soll, benötigt noch ein wenig Fantasie

Spätestens im Frühjahr 2024 sollen die Sanierung und Umgestaltung nach Entwürfen des Architekturbüros Sichau & Walter und des österreichischen Künstlers Leo Zogmayer abgeschlossen sein. Der Altar wird aber schon am 1. November 2023 geweiht werden, wie Dompropst Tobias Przytarski am Montag in Berlin bei einer Begehung ankündigte. Am 250. Weihetag der Hauptkirche des Erzbistums Berlin, die wegen der Baumaßnahmen seit September 2018 geschlossen ist.

"Geheimgänge haben wir bei den Bauarbeiten bisher nicht entdeckt", so der Geistliche. Einen begehbaren Tunnel zwischen Kathedrale und benachbartem Bernhard-Lichtenberg-Haus gebe es nicht, auch wenn immer wieder derartige Gerüchte aufkämen. Aber kleine Überraschungen habe es schon gegeben - versteckte Nischen oder unentdeckte Fenster.

60 Millionen Euro soll der Umbau kosten - und "dieses Budget wird nicht überschritten", versicherte der Dompropst. Davon fließen 43 Millionen in den Umbau der Kathedrale und 17 Millionen in das Bernhard-Lichtenberg-Haus. Denn auch das soll umgebaut werden, nach Plänen des Architekten Max Dudler, sobald die Baugenehmigung vorliegt. Ein Gemeinschafts- und Begegnungsort soll hier entstehen, ein Cafe ist geplant, ein Durchgang zur Französischen Straße. Außerdem sollen in dem Haus - wie früher schon einmal - die bischöflichen Wohn- und Diensträume untergebracht werden.

Die Hedwigskathedrale liegt in der Mitte Berlins, etwas versteckt hinter der Staatsoper am Bebelplatz, unweit der Straße Unter den Linden. Im 18. Jahrhundert nach dem Vorbild des römischen Pantheon entworfen. Sie sollte der katholischen Minderheit Berlins eine Heimat bieten.

Zerstört wurde sie im Zweiten Weltkrieg - und Anfang der 1960er-Jahre nach den Plänen des Architekten Hans Schwippert wieder aufgebaut. Dort, wo eine Bombe eingeschlagen war, schuf er eine Öffnung, von der eine Treppe zur Unterkirche führte. Danach wurde die Unterkirche mit der Oberkirche verbunden. Vor allem die durch den geplanten Umbau vorgesehene Schließung der Öffnung wurde von Denkmalschützern und anderen Gegnern scharf kritisiert - bis hin zum Gerichtsverfahren, das das Erzbistum gewann.

Von dieser Architektur ist im nun umgebauten Innenraum nichts mehr zu sehen - die Zwischendecke fehlt komplett. Acht Stahlträger zeigen an, dass die ehemalige Bodenöffnung geschlossen werden soll. Der Altar soll danach ins Zentrum der Rundkirche gerückt werden, drumherum die Bankreihen. Für dessen Bau ruft der Berliner Erzbischof Heiner Koch die Gläubigen - und auch alle anderen, die sich mit der Kirche verbunden fühlen - zum Steine sammeln auf: Aus ihnen soll der Altar entstehen.

Auch eine Verbindung zur Unterkirche wird es wieder geben - wenn auch nicht direkt sichtbar: Das dort geplante Taufbecken soll gemeinsam mit dem Altar der Oberkirche "eine Achse zum sogenannten Oculus in der Kuppel bilden, das den Blick in den Himmel freigibt", erklärt Przytarski. Anders als im römischen Pantheon aber nicht ganz offen, sondern mit einem transparenten Schutz.

Eine Fußbodenheizung ist geplant, ein spezielles Lüftungskonzept garantiert laut Angaben die Belüftung. Die Technikräume werden komplett ins nahe gelegene Bernhard-Lichtenberg-Haus verlegt. Auch wird ein Aufzug eingebaut. "Dies ist vor allem für Menschen mit Behinderungen ein Vorteil, wenn sie die Kirche besuchen wollen", so der Dompropst. Ferner entstehe eine Innenkuppel mit "heller wabenartiger Struktur". Das Glas in den Fenstern soll mittels Luftblasen die Sternenkonstellation in Berlin zur Zeit der Geburt Christi abbilden. Innenmalereien oder bunte Fenster gibt es nicht. "Wenn das Geld nicht reicht, werden wir auf irgendetwas verzichten müssen", kündigte Przytarski an.