Der Kleine Prinz als Fastenmeditation Eine musikalische Lesung im Herz-Jesu-Kloster Berlin

Sehen nur mit dem Herzen gut: Pater Ryszard Krupa, Christine Riedel und

Berlin. „Komm rein, ist offen!“ lockt ein Plakat flapsig, auf dem eine stilisierte Kirche mit aufgeklapptem Giebeldreieck zu sehen ist, als wäre sie eine Kiste, in die man hineinschauen kann. So handhaben es die drei Herz-Jesu-Priester, die seit 2012 in Berlin leben und arbeiten.

Die Herz-Jesu-Priester in Berlin- Prenzlauer Berg möchten Menschen aller Couleur einen unverstellten Einblick in die Kirche geben, vor allem Zweifelnden und Suchenden, und ihnen zugewandte Gesprächs- und Ansprechpartner sein. Zu diesem Zweck stehen sie einmal im Monat in der Bar Gagarin unter dem Motto „Über Gott bei Gagarin“ zum Austausch bereit und organisieren in den Räumen eines ehemaligen Dominikanerinnenklosters, wo sie wohnen, ein Kulturprogramm.

Am Abend des 11. Februars fand in dem Backsteinkomplex im Hof der Greifswalder Straße 18, in der Kirche Mater Dolorosa, eine musikalische Lesung zum berühmten Kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry statt. Für den polnischen Pater Ryszard Krupa und seine Mitbrüder ist das Buch des schreibenden Piloten, wie er eingangs sagte, schon lange eine Quelle der Inspiration. Und als solche wollte er sie den etwa 60 anwesenden Gästen empfehlen. Mit Blick auf die Fastenzeit zitierte er mit einem Augenzwinkern Ödön von Horváths bekanntes Bonmot „Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu“, als wollte er so andeuten, dass dieser Abend helfen sollte, doch einmal anders zu sein und die Reise zum inneren Menschen anzutreten, die der Kleine Prinz anregt.

Denn das ist sie im Grunde, auch wenn es einen äußeren Rahmen gibt. Mit der Bitte, ihm ein Schaf zu zeichnen, lenkt der Kleine Prinz den erzählenden Flieger, der in der Wüste notgelandet ist, von der Sorge um sein Überleben ab und führt ihn ins Nachdenken über die Welt und die Menschen. Der seltsame, zarte Junge kann bitter weinen bei der Vorstellung, die einzige Blume auf seinem Planeten, die er liebt und hegt, könnte von dem Schaf gefressen werden, und zeigt so, wie wichtig die Sorge um ein Wesen neben uns und wie notwendig die scheinbar nutzlose Schönheit für das Leben ist. Er lernt von einem Fuchs, wie behutsam und geduldig Nähe hergestellt werden muss, um einen Freund zu gewinnen. Seine scheinbar naiven Bemerkungen zu menschlichen Verhaltensweisen stellen das vermeintlich Klare, Sichere in Frage.

Mit der Bemerkung, die Wüste sei so schön, weil sie einen Brunnen birgt, verblüfft er den Piloten und als sie ihn finden und trinken, ist mehr als gewöhnliches Wasser darin. Nicht nur hier zeigt sich, dass der Kleine Prinz eine Jesusfigur ist. Kaum zufällig stirbt er am Biss einer zuvor als Versucher erschienenen Schlange und der Pilot, dem der Kleine Prinz schmerzhaft ans Herz gewachsen ist, schwört wie Petrus, ihn nicht zu verlassen und ist doch nicht bei ihm, als er stirbt und seine Hülle, die, wie er sagt, zu schwer ist für den Weg zurück auf seinen Stern, zurücklässt.

Einblick in diese poetische Welt, die, davon ist Pater Krupa überzeugt, allen Menschen etwas sagen kann, gab an diesem Abend der Schauspieler und Theologe Stephan Wilke mit seinem einfühlsamen Vortrag. Musikalisch vertiefte und kommentierte Christine Roedel die Texte auf der Querflöte mit Stücken des zeitgenössischen Komponisten Carlo Domeniconi aus seiner „Hommage à Antoine de Saint-Exupéry“.

Wilke begrüßt die Kiez- und Kulturarbeit der Herz-Jesu- Priester im Friedrichshain und im Prenzlauer Berg. „Es gibt hier eine große Bedürftigkeit sich auszutauschen“, weiß er und merkte nach der Lesung an: Da waren heute auch einige Leute dabei, die nicht zur Gemeinde gehören.“

So eine ältere Dame, die sich den Abend als Wochenausklang nach der Arbeit gönnte und sich nach der Lesung dafür bedankte. Das freut Pater Krupa und zeigt wieder einmal, dass die Kirche mit dem aufgeklappten Giebeldreieck sich bewährt.