Grußwort

beim Gedenkgottesdienst von Bischof Rahho – 6. April 2008

Sehr verehrter, lieber Mitbruder,
liebe Schwestern und Brüder aus der Kirche des Irak.

Es drängt mich, Ihnen in dieser schmerzlichen Stunde des Gedenkens an den ermordeten Martyrerbischof Faraj Rahho ein Wort der persönlichen Anteilnahme und der brüderlichen Verbundenheit zu sagen. Ich erfülle damit einen Auftrag des Erzbischofs von Berlin, Georg Kardinal Sterzinsky, und spreche im Namen der katholischen Christen des Berliner Erzbistums. Wir wissen uns Ihnen nahe in Ihrem großen Leid. Denn seit den Tagen der Apostel gilt, was der hl. Paulus an die Gemeinde in Korinth schrieb: „Wo ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit.“

Wir alle sind Glieder am Leib der Kirche. Der auferstandene Christus ist uns vorangegangen durch sein Kreuzesleiden. Es ist ein Weg in die Herrlichkeit Gottes. Darum können wir sagen: Wir tragen gemeinsam das Leid, weil er uns trägt. Wir hoffen gemeinsam auf das immer neue Ostern in seiner Kirche, weil er unser Leben ist und uns Hoffnung gibt. Im Kreuz ist Heil und Leben.

Die Sterben von Erzbischof Rahho ruft uns das entsetzliche Leid der assyrisch-chaldäischen Christen in Erinnerung, die zur Zeit die weltweit schwerste Christenverfolgung zu erleiden haben. Die Welt weiß darum, aber sie schweigt weitgehend. Darum müssen wir unsere Stimme erheben und das maßlose Unrecht hinausrufen, das sich in diesem schwergeprüften Land seit Jahrhunderten immer mehr ausbreitet. Man spricht von dem schwersten Verbrechen der Verfolgung, unter dem heute Christen die Passion Christi zu erleiden haben.

Irak ist ein Land, in dem viele Menschen auf der Flucht sind; rund 20% aller irakischen Flüchtlinge in Syrien sind Christen. Von den 1,4 Mio Christen im Irak im Jahr 1987 sind bis heute nur noch knapp 300 000 übrig geblieben. Über die Hälfte der in Bagdad lebenden Christen haben nach einer Todesdrohung durch Islamisten die Flucht ergriffen. So herrscht Gewalt und Schrecken in einem Land, dessen christliche Wurzeln bis ins dritte Jahrhundert zurückgehen; Wenn es vor 1000 Jahren noch 90 % Christen in ihrem Land gab, so sind es heute durch das gewaltsame Vordringen des Islam nur noch 2-3 %. Eine erschreckende Bilanz. Viele Menschen bangen um ihr Leben, vor Entführung, Erpressung und ungerechter Gewalt.

Die Kirche des Irak, in der immer noch die Muttersprache Jesu lebendig ist, fällt wie ein Weizenkorn in die Erde, in der Hoffnung, dass aus dem unendlichen Leid ein reicher Segen wachse.

Bischof Rahho wurde nach einer Kreuzwegandacht entführt. So ist er den Kreuzweg des Herrn mit seinem Leben weitergegangen, und wir vertrauen, dass es ein Weg ins Leben Gottes war. Dort wird er nun seinem Volk ein gütiger Fürsprecher sein. Papst Benedict erinnerte daran, dass sein Beispiel allen Irakern guten Willens – Christen wie Muslimen - Mut mache, das friedliche Zusammenleben zu fördern. Der Verstorbene war ein Mann des Friedens und des Dialogs. Er hatte sich in seiner Bischofsstadt Mossul für Hilfsbedürftige eingesetzt, ohne auf ethnische Herkunft, soziale Schicht oder religiöses Bekenntnis zu achten. Er wusste, dass Gottes Liebe keinen Menschen ausschließt und hat dies bezeugt mit seinem selbstlosen Dienst und seinem Sterben durch ungerechte Gewalt.

Sein Tod ist uns ein kostbares Vermächtnis, die nicht zu vergessen, die im Schatten des Todes leben müssen und ein Appell, bei der Passion der Kirche sehend zu werden für die verborgene Herrlichkeit Gottes, die über uns allen als große Verheißung steht. „Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen, denn ihnen gehört das Himmelreich“ sagt der Herr. Wir dürfen vertrauen, dass er zu denen gehört, die hier von Jesus selbst selig gepriesen werden.

Das enthebt uns nicht der Pflicht, gegen das Unrecht und für die Freiheit mit allen Kräften zu kämpfen. Der Weg zum Außenministerium, auf dem ich Sie gern begleiten will, soll unsere Zuversicht deutlich machen, dass wir gemäß den Seligpreisungen ohne Gewalt mit der Bereitschaft zum immer neuen Frieden und durch die Unterstützung derer, die Verantwortung in der Welt tragen, Gottes Heil erwarten, wo im Irak immer noch Unheil droht. Und Gottes Heil ist reich für alle, die sich in seine guten Hände geben. Die Hoffnung auf dieses Heil begleitet uns auf diesem Weg.

Ihr Weihbischof Wolfgang Weider