Miteinander in Verbindung – trotz physischer Distanz

Mit vielen kreativen Ideen, Unterstützung von Ehren- und Hauptamtlichen und Mut, neues zu wagen, haben die Gemeinden im Erzbistum Berlin ganz unterschiedliche Wege gefunden, mit den Kirchenmitgliedern in Verbindung zu bleiben.

„Kleiner Sonntagsgruß“ – mit diesem Betreff erhielt ich unerwartet kurz vor Ostern eine E-Mail unseres Pfarrers, der seitdem regelmäßig einen elektronischen Gruß verschickt mit Predigtgedanken, Tipps für Hausgottesdienste, Regelungen der Bistumsleitung und Segenswünschen. Ich habe nicht jede Mail komplett gelesen, manche aus Zeitgründen auch einfach nur weggeklickt – aber sie alle doch erfreut zur Kenntnis genommen als Zeichen der Verbundenheit in Zeiten, in denen man sich sonntags eben nicht auf dem Pfarrhof treffen kann.

Nach sieben langen Wochen ist die Erleichterung und Freude vielerorts spürbar, dass die Gottesdienste nun wieder gemeinsam gefeiert werden können – wenn auch unter neuen Bedingungen und der Einhaltung bestimmter Hygieneregeln. Für die meisten Pfarrer war es ungewohnt, in eine leere Kirche hinein zu predigen, nicht interagieren zu können, keinen persönlichen Kontakt zu ihren Gemeindemitgliedern zu haben. Aber genauso schwierig war es für die Gemeindemitglieder, auf die Gemeinschaft verzichten zu müssen, Hausgottesdienste zu feiern oder die Messfeier im Livestream mit zu verfolgen. Eine ganz neue Erfahrung für alle Beteiligten: Von jetzt auf gleich musste neue Technik eingesetzt werden, ohne viele Zeit, das erst einmal in Ruhe testen zu können. „Das hat auch uns kalt erwischt“, erzählt Johannes Rogge, der Multimediaredakteur im Erzbistum Berlin. Denn auch für St. Joseph hieß es sofort: Livestream der Sonntags- und Festgottesdienste. Und er hält fest: „Auch bei uns hat nicht alles von Anfang an perfekt funktioniert. Aber ich bin begeistert, was die Haupt- und Ehrenamtlichen in den Pfarreien unseres Bistums alles in kürzester Zeit auf die Beine gestellt haben, um mit ihren Gemeindemitgliedern in Verbindung zu bleiben!“ Livestream oder neue digitale Formate waren eine Möglichkeit, die Menschen zu erreichen, sich mitunter auch neue Zielgruppen zu erschließen, zu zeigen „Wir sind für Sie da!“ – aber erreichen kann man damit nur einen Bruchteil der Menschen, die normalerweise sonntags in die Kirche kommen. Doch was ist mit den Menschen, die weder E-Mail noch Internet haben oder bei denen schlichtweg die digitalen Kontaktdaten fehlen?

Ganz persönlich gemeint

Nicht nur Erzbischof Koch hatte die Idee, alle Kirchenmitglieder im Erzbistum Berlin ganz klassisch zu grüßen und ihnen Mut zuzusprechen sowie auf konkrete Hilfsangebote hinzuweisen – auf dem Postweg. Die neue Pfarrei St. Bernhard in Stralsund steckte sowieso gerade in den Planungen, einen Brief an alle Pfarreimitglieder zu versenden, um verschiedene Projekte vorzustellen, die Unterstützung benötigen. Das Fundraisingschreiben wurde kurzerhand vorgezogen und mit einem neuen Zweck versehen – nämlich auf ein konkretes Unterstützungsangebot hinzuweisen: Die Lazarusdienste in Stralsund haben ihr seelsorgliches Telefonangebot speziell für die Coronazeit ausgebaut und bieten Gespräche gegen die Isolation und Unterstützung bei Besorgungen des täglichen Bedarfs an. „Der pastorale Brief mit einer Ermutigung zu Ostern verbunden mit diesem konkreten Hilfsangebot kam sehr gut an“, berichtet Uta Bolze von der Fundraisingentwicklung, die die Umsetzung des Mailings von Bistumsseite aus begleitete. Und sie betont: „Es ist ein großer Schatz den wir haben, dass wir unsere Mitglieder anschreiben dürfen. Das ist ein so wichtiges Mittel der Kommunikation, das nicht nur in Krisenzeiten eingesetzt werden sollte, sondern vor allem auch zur Mitgliederbindung. Und wir können die Menschen beim Namen nennen – die persönliche Anrede ist von unschätzbarem Wert: Ich bin nicht ein x-beliebiges Gemeindemitglied – ich bin ganz persönlich gemeint und mir wird Hilfe angeboten oder ich werde um Unterstützung gebeten.“
Das hat sich auch Pfr. Christoph Zimmermann aus Herz Jesu Neuruppin gedacht und „seinen“ Katholiken einen Brief geschrieben: „In dieser schwierigen und ungewissen Zeit wende ich mich auf diesen Weg an Sie persönlich. Sie sollen wissen, dass nicht nur ich, sondern auch viele andere Menschen unserer Gemeinde an Sie denken und für und mit Ihnen beten.“ Neben ermutigenden und österlichen Gedanken waren dem Schreiben auch konkrete Hilfsangebote beigefügt.

Auch die Kirchenmitglieder in Salvator Lichtenrade haben als Zeichen der Verbundenheit Post bekommen verbunden mit dem Aufruf, die Hecke am Pfarrgrundstück österlich zu schmücken als Zeichen „Wir sind noch da, wir sind sichtbar!“ – und es ist eine wunderschöne Osterhecke entstanden. Außerdem gibt es täglich einen Impuls aus dem Pastoralteam, das auf der Internetseite der Gemeinde veröffentlicht wird.
In Potsdam gab es neben vielen anderen kreativen Kommunikationsmaßnahmen die Idee, in der offenen Kirche kleine Geschenke und Selbstgebasteltes zu sammeln, um im örtlichen Krankenhaus über die Seelsorgerin Osterfreude zu verbreiten.

Die Sozialarbeiterin im Pastoralen Raum Buch-Bernau-Eberswalde, Andrea Baro, erzählt, dass eine zentrale Rufnummer eingerichtet wurde, unter der ein Seelsorger des pastoralen Teams oder sie selbst erreichbar ist. „Anrufen kann jede/r, es geht nicht primär um ein Krisen- oder Sorgentelefon. Uns interessiert im Sinne einer ‚Erzählwerkstatt‘, wie die Menschen diese Zeit meistern. Wir wollen einfach ansprechbar und da sein, wenn jemandem die Decke auf dem Kopf fällt oder sich Langeweile breit macht und würdigen, wie Menschen diese Zeit bewältigen. Dies gilt insbesondere für Senior/innen, Alleinstehende und für Eltern und ihre Kinder. Darüber hinaus stehe ich bei Existenzängsten oder sozialen Problemen im Sinne einer Wegweiserberatung zur Verfügung.“

Blick in die Zukunft wagen

Dies sind nur ein paar Beispiele von speziellen Aktionen und Angeboten im Erzbistum Berlin, die ein Zeichen der Verbundenheit setzen. Es sind neue Newsletter entstanden, die Internetseiten haben einen anderen Stellenwert erhalten, die Kirchen wurden zur stillen Andacht offen gehalten – um nur einiges zu nennen. Aber sind das auch Wege, die in normalen Zeiten funktionieren? Ist es sinnvoll und leistbar, die neu entdeckten Wege weiter zu gehen?

Auch Multimediaredakteur Johannes Rogge stellt sich dieser Frage im Hinblick auf die zahlreichen digitalen Aktivitäten auf Bistumsebene: „Wir müssen unsere eigenen Maßnahmen auch erst auswerten – was hat funktioniert und was nicht. Was können wir in abgewandelter Form weiter einsetzen, was wurde gut angenommen und sollte unbedingt weiter entwickelt werden, um Menschen zu erreichen, die klassischerweise nicht zum Sonntagsgottesdienst in die Kirche kommen. Das ist auch eine riesige Chance für uns Alle!“

Selbstverständlich gab es noch zahlreiche weitere Ideen und Initiativen als die in diesem Beitrag vorgestellten – Ihnen allen gilt ein herzliches Dankeschön und großer Respekt, dieser ungewöhnlichen Zeit mit außergewöhnlichen Maßnahmen begegnet zu sein! Wir freuen uns, wenn Sie mit uns Ihre Erfahrungen teilen, damit wir gemeinsam für die Zukunft im Rahmen der Mitgliederkommunikation und die Pastoral daraus lernen können. Schicken Sie gern eine Mail an: pastoral(ät)erzbistumberlin.de